Die Winter werden immer milder. In den letzten Jahren konnten die winterlichen Wildkräuter bis ins Neue Jahr geerntet werden, manchmal bis in den Februar hinein. Und dann erst kam in vielen Regionen der Schnee, der die leckeren Pflänzchen bedeckt und den Boden hart gefroren hat, so daß die Wurzelernte pausieren musste. Auch in diesem Jahr ist es im Januar noch mild und der Speiseplan kann mit selbst gesammelten Wildkräutern und wilden Wurzeln bereichert werden.
Von September bis in den März ist die Zeit der Wurzelernte. Die Pflanzen lagern die Nährstoffe in ihren Wurzeln ein, damit im Frühjahr genügend Nährstoffe für junges Grün zu Verfügung stehen. Mit einem guten Unkrautstecher oder einem japanischen Gartenmesser ausgerüstet lassen sich nun die Wurzeln von Löwenzahn, Nelkenwurz und Knoblauchsrauke ernten.
Diese drei haben einen völlig unterschiedlichen Charakter und werden entsprechend verschieden eingesetzt.
Der Löwenzahn bildet lange Pfahlwurzeln, die süßlich schmecken und an die verwandten Schwarzwurzeln erinnern. Gut abgebürstet lassen sie sich gut anbraten und z. B in einem Linsensalat verwenden oder man kocht sie wie Karotten in allen Arten von Eintöpfen mit. Bei größeren Ernten ist auch ein Pürree aus Löwenzahnwurzeln eine köstliche Beilage.
Löwenzahnwurzeln enthalten wie alle mit ihr verwandten Korbblütler (Schwarzwurzel, Topinambur, Zichorien) Inulin als Speicherstoff. Inulin wird bei der Verdauung in Fructose zerlegt und von Bakterien abgebaut. Sie benötigen anders als Stärke, das in Glukose zerlegt wird, kein Insulin für die Verstoffwechselung und sind daher für alle, die Blutzucker-Probleme bis hin zu Diabetes haben, gut geeignet.
Aus den geernteten Wurzeln lässt sich den ganzen Winter über frisches Grün treiben. Man muss die Wurzeln nur in Wasser oder feuchten Sand stellen und warten – die grünen Blättchen treiben zuverlässig aus. Möchte man keine bitteren dunkelgrünen Blätter kann man ein Gefäß über die Wurzel stülpen oder sie im Dunklen treiben lassen. dann werden die Blättchen zart gelb, wie wir es vom Chicoree kennen, und schmecken milder. Mehr gesunde Inhaltsstoffe aber haben die dunkleren Blätter.
Die Wurzeln der Knoblauchsrauke, einem Kreuzblütler, erinnern mit ihrer Schärfe und ihrem Aroma an den verwandten Meerrettich. Dafür sind die antibiotisch wirksamen Senfölglykoside verantwortlich. Roh kommt die Schärfe am besten zur Geltung und zur Wirkung. Geräucherte Forelle oder Lachs mit scharfer-Knoblauchsrauke-Sahne ist eine scharfe Belohnung für das Sammeln der Wurzeln in der Kälte.Ihre Blättchen wachsen im Winter nur sparsam. Mildes Wetter mit Regen lässt aber ein paar Blättchen spriessen die Wintersalaten ein Knoblauchnote geben.
Die Wurzeln der Nelkenwurz riechen, wie der Name erahnen lässt, nach Gewürznelken. Sie enthalten wie diese und auch das Gewürz Piment den Stoff und man kann sie folglich als Gewürz verwenden. Eugenol hat schmerzstillende, entzündungshemmende und antibakterielle Wirkung. Die Wurzeln lassen sich leicht trocknen und werden entweder ganz mit ausgekocht (z. B. für eine heiße Gewürzmilch mit Honig oder im Milchreis) oder gemahlen beigegeben. Nelkenwurz aromatisiert viele Süßspeisen, sie passt aber auch in viele orientalische Gereichte. Auch Pilze, wie Trompetenpfifferlinge gewinnen durch die aromatischen Wurzel.
Auch die saftig-grünen Blätter der Nelkenwurz lassen sich verwenden. Sie haben kein ausgeprägtes Aroma, bereichern im Winter aber grüne Smoothies, Eintöpfe und spinatartige Gerichte.
In meinem Wildkräuter-Kochbuch „Der Giersch muss weg“, dass am 17 .Januar 2019 bei Ulmer Verlag erscheint, finden Sie einige leckere Rezepte für die Winterwurzeln wie:
Karamellisierter Apfel mit Nelkenwurz (lecker zu Milchreis oder Vanilleeis) und Knoblauchsrauke-Sahne (köstlich zu geräuchertem Lachs oder Forelle).
Hier ein Rezept mit den cremingen Wurzeln des Löwenzahns:
Penne mit Löwenzahnwurzeln und schwarzen Oliven
Zwischen September und März ist Erntezeit für die cremigen Löwenzahnwurzeln. In dieser Zeit haben sie nur wenige Bitterstoffe, die zum Frühjahr hin wieder zunehmen. Die kräftigen schmeckenden Oliven geben diesem deftigen Wintergericht ein bisschen was vom letzten Sommer mit.
Zubereitungszeit: ca. 30 Minuten
Zutaten für 2 Portionen
2 l Wasser
Salz
250 g Penne
1 Handvoll Löwenzahnwurzeln
1 kleiner Kopf Radicchio
4 EL Olivenöl
1 große Zwiebel
1 Knoblauchzehe
8 schwarze Oliven, nach provenzalischer Art trocken mit Kräutern eingelegt
Räucherpaprika
Pfeffer
Grob gehobelter Pecorino oder Parmesan
Zubereitung
Das Wasser zum Kochen bringen, dann salzen und die Penne hineingeben und einmal gut umrühren. Wenn sie fertig sind abgießen.
Die Löwenzahnwurzeln gut waschen. Dickere abbürsten, dünnere im Bündel unter fließendes Wasser halten und aneinander reiben. Die feinen Würzelchen grob abzupfen und den Blattansatz entfernen. Die Wurzeln schräg in Stückchen schneiden, sehr dicke vorher längs teilen. Holziges dabei entfernen.
Den Radicchio-Kopf waschen, vierteln, den Strunk entfernen und in grobe Streifen schneiden.
Eine Pfanne erhitzen. Die Zwiebel schälen, halbieren, in halbe Ringe schneiden, Knoblauch schälen in Stückchen schneiden. Das Öl in die erhitzte Pfanne geben, Zwiebeln und Knoblauch darin anschwitzen.
Löwenzahnwurzel hineingeben und anbraten. Ein wenig Wasser hineingeben und ca. 10 Minuten dünsten lassen, das Wasser sollte dann ziemlich verkocht sein. Nun den Raddicchio zugeben und mit anbraten. In der Zwischenzeit die Oliven entkernen, grob zerkleinern und zu dem Gemüse in die Pfanne geben. Alles etwas anrösten lassen. Wenn die Löwenzahnwurzel gar sind mit Salz, Pfeffer und Räucherpaprika gut würzen. Die Nudeln untermengen.
Die Nudeln mit dem gehobelten Käse servieren.
Löwenzahn ist hier am Stadtrand gar nicht so einfach zu finden. Zum Glück habe ich jetzt eine Bekannte mit üppigem Löwenzahnwuchs im Garten aufgetan und freue mich schon, die Penne nachzukochen. Bisher hatte ich immer nur die oberirdischen Pflanzenteile für köstliche Gerichte genutzt.
Die Idee, die Wurzeln für frische Blättchen im Winter indoors zu halten, finde ich toll.
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